Kinesiotaping
Kinesiotape ist ein elastisches, selbstklebendes Baumwollband, das sich durch seine hohe Dehnbarkeit (oft bis zu 140 % der Originallänge, ähnlich der menschlichen Haut) und seine spezifische Klebstoffanordnung (meist wellenförmig) auszeichnet.
Der Hauptunterschied zu herkömmlichen, unelastischen Tapes liegt darin, dass es die Bewegungsfreiheit nicht einschränkt, sondern vielmehr unterstützen und begleiten soll.
1. Angenommener Wirkmechanismus (durch gezielte Anlagetechniken)
Die Effekte des Kinesiotapings werden durch das gezielte Anlegen des Tapes mit unterschiedlicher Zugspannung erzielt. In der Fachwelt wird diskutiert, dass das Tape folgende Wirkungen entfaltet:
Mechanische und Sensorische Reizung (Haut- und Faszienanhebung)
Schmerzlinderung:
Durch die spezielle Anlagetechnik entstehen beim Bewegen der Haut kleine Wellen (sogenannte Convolutions). Es wird angenommen, dass diese Wellen die Haut leicht anheben und dadurch Schmerzrezeptoren (Nozizeptoren) mechanisch beeinflussen. Dies soll einen konkurrierenden Reiz zum Schmerzsignal erzeugen (Gate-Control-Theorie), wodurch die Schmerzwahrnehmung im zentralen Nervensystem reduziert wird.
Verbesserung der Durchblutung und des Lymphflusses: Die leichte Anhebung der Haut und der darunter liegenden Faszien soll den Zwischenzellraum vergrößern. Dies kann den lokalen Stoffwechsel und den Abtransport von Flüssigkeiten und Stoffwechselschlacken (z. B. bei Schwellungen oder Hämatomen) über das Lymphsystem beschleunigen.
Muskelaktivität regulieren:
Je nach Richtung und Zugstärke der Anlage kann das Tape eine tonisierende (aktivierende) oder detonisierende (entspannende) Wirkung auf die Muskulatur entfalten. Ein Tape, das vom Muskelursprung zum -ansatz geklebt wird, soll beispielsweise eher aktivierend wirken.
Propriozeption und Haltungsverbesserung:
Das konstante Tragen des elastischen Tapes sendet kontinuierlich sensorische Informationen (Tiefensensibilität) an das Gehirn. Dies soll das Körpergefühl (Propriozeption) verbessern und Patienten aktiv an eine bessere Haltung oder korrektere Bewegungsmuster erinnern.
Wichtiger Hinweis:
Die spezifische Wirksamkeit des Kinesiotapings wird in der Wissenschaft weiterhin intensiv diskutiert. Einige Studien sehen positive Effekte, insbesondere bei Schwellungen und Hämatomen, während andere Metaanalysen keinen eindeutigen stabilen Effekt über den Placebo-Effekt hinaus belegen. Es gilt oft als unterstützende Maßnahme zur klassischen Therapie.
2. Erweiterte Anwendungsbereiche
Kinesiotaping wird ergänzend in vielen medizinischen und therapeutischen Bereichen eingesetzt:
Orthopädie und Sportmedizin:
Verletzungsprävention: Unterstützung von Gelenken (z. B. Knie, Sprunggelenk) bei hoher sportlicher Belastung.
Akute Beschwerden:
Bei Muskelzerrungen, Prellungen, Bänderreizungen oder Gelenkinstabilitäten(ohne Einschränkung der Beweglichkeit).
Überlastungssyndrome:
Wie Tennis- oder Golferarm (Epicondylitis) und Achillessehnenbeschwerden(Tendinopathien).
Lymphologie & Ödemtherapie:
Spezielle Anlagetechniken (wie die Fächer- oder Oktopus-Anlage) dienen der Lymphdrainage zur Reduktion von postoperativen Schwellungen, Hämatomen und Lymphödemen.
Neurologie:
Tonusregulation bei Patienten mit neurologischen Erkrankungen (z. B. nach Schlaganfällen) zur Unterstützung physiologischer Bewegungsmuster.
Korrektur von Fußfehlstellungen oder zur Unterstützung der Muskulatur bei Multipler Sklerose (MS).
Gynäkologie und Pädiatrie:
Schwangerschaft: Zur Entlastung der Lendenwirbelsäule oder des Bauches (Rectusdiastase) und zur Unterstützung des Bauches bei Rückenschmerzen.
Narbenbehandlung: Zur Beeinflussung der Narbenzüge und zur Verbesserung der Gewebeelastizität.
Behandlung von Kopfschmerzen/Migräne:
Durch gezieltes Taping der Nacken- und Schultermuskulatur.
